Alle, die im QM-Gebiet Beusselstraße leben und arbeiten, waren am 15. April 2021 zur ersten digitalen Kiezwerkstatt eingeladen. Pandemiebedingt trafen sich 34 Personen online vor ihren Bildschirmen, um über Ideen und Anregungen für den Beussel- und Huttenkiez miteinander zu sprechen. In dieser digitalen Veranstaltung des QM-Teams, die von Norbert Poppe moderiert wurde, ging es darum, was im Kiez besonders gut ist, was fehlt sowie was sich so alles gewünscht wird. Was läuft schon gut, und was könnte besser werden? Ziel dieser Kiezwerkstatt war es, gemeinsam konkrete Ideen zu sammeln, die das Quartier lebenswerter machen und die Nachbarschaft stärken. Aus diesen Ideen sollen in der Folge neue Projekte für den Hutten- und den Beusselkiez entstehen, die ab 2022 bis zu drei Jahre lang über das Programm „Sozialer Zusammenhalt“ gefördert werden.
Zunächst erklärte Moderator Norbert Poppe von Transformhaus das Prozedere der Kiezwerkstatt. Seit mehr als 12 Jahren arbeitet er als freier Organisationsentwickler und begleitet Veränderungsprozesse. Bei seinen Erläuterungen ging es darum, wie das für diese digitale Veranstaltung ausgewählte Arbeitsmittel Miroboard funktioniert, und dass man sich während der dreistündigen Werkstatt nicht nur im Plenum mit allen, sondern auch in kleineren Gruppen zur Diskussion zusammenfinden kann. Was in früheren Jahren vor Ort in den verschiedenen Räumen im Stadtschloss und Nachbarschaftstreff geschah, spielte sich diesmal also in einzelnen virtuellen Räumen ab.
Als Norbert Poppe alle darum bat, ein Motto für die Werkstatt aufzuschreiben, gab es Resultate wie z.B. „Gemeinsam für den Beusselkiez“, „Zuhören“ und „Den Kiez voran bringen“. Ein Teilnehmer berichtete davon, dass er zum ersten Mal dabei ist und von der digitalen Kiezwerkstatt ganz analog durch einen Zettel im Restaurant erfahren hatte. Eine Vertreterin des Amtes für Weiterbildung und Kultur berichtete von der anstehenden Umgestaltung des Gebäudekomplexes Turmstraße 75, zu der es einen Beteiligungsprozess geben wird.
Quartiersmanagerin Sibel Olguner erklärte kurz das QM-Verfahren im verkleinerten Gebiet Beusselkiez, bei dem es vor allem um das Vernetzen innerhalb der Nachbarschaft und das Steuern von Projekten zusammen mit den bezirklichen Fachämtern geht. Ziel der Veranstaltung ist es, aus den Ideen Projekte zu entwickeln, über deren Förderung der Quartiersrat (QR) dann abstimmt. Die Förderhöhe im Projektfonds des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ liegt zwischen 5.000 und 50.000 Euro. Sibels Kollegin Katharina Zöller ergänzte, dass die aus den gesammelten Ideen hervorgehenden konkreten Projekte im Jahr 2022 beginnen und bis Ende 2024 laufen können. „Wir möchten horchen, wo der Schuh drückt“, brachte Quartiersmanagerin Aischa Ahmed auf den Punkt, was sich das Team von der Kiezwerkstatt erwartet. Sie fasste die besonderen Herausforderungen des neuen QM-Gebietes Hutten- und Beusselkiez zusammen, zu denen u.a. die geografisch zerklüfteten Wohneinheiten rund um Berlins größtes innerstädtisches Industriegebiet und die starke Umweltbelastung zählen.
Hier finden Sie die Projekte, die aktuell vom QM Beusselstraße gefördert werden: https://www.moabitwest.de/quartiersmanagement/projekte-1
Nachdem die Lage und die Ausgangssituation umrissen waren, bestand die nächste Phase der Kiezwerkstatt aus einer halben Stunde Analyse:
Wie steht’s wie geht’s im Gebiet? Welche Entwicklungen sollte man sinnvoll verstärken, wo gibt es konkret Bedarf für Nachbesserungen?
Dazu gab es eine Aufteilung des Plenums in kleinere Gruppen.
In Gruppe A ging es u.a. um Fahrradwege sowie speziell um die Wege am Neuen Ufer. Es tauchten Fragen zur Klimaentwicklung in Moabit auf, zur (Sperr-)Müllentsorgung, zu Wassernutzung und Flächenbegrünung. Es wurde die Begrünung von Balkonen, die Verteilung von Saatbomben, das Errichten von Zisternen zum Wasser sammeln u.ä. angeregt. Außerdem wurde Nachbesserungsbedarf bei Bewegungsmöglichkeiten drinnen und im Freien festgestellt. Ungenutzte Flächen sollten sinnvoll genutzt und freie Gewerbeflächen nutzbar gemacht werden. Berichtet wurde auch über eine Infoveranstaltung zur Überbrückung des Straßenbahn-Anschlusses (https://www.moabitwest.de/beusselkiez-huttenkiez-in-moabit/aktuelles/meldungen/informationsveranstaltung-zur-strassenbahn-ab-u-bahnhof-turmstrasse). Seit die BVG den TXL-Bus eingestellt hat, ist die Anbindung des Beusselkiezes an den öffentlichen Nahverkehr problematisch, es müsste z.B. mehr Ersatzbusse geben.
Als mögliche Projektidee wurde formuliert, dass die Refo, um Bewegungsangebote drinnen, besonders für Kinder und Jugendliche, zu fördern, ihren großen Kirchraum öffnen könnte. Er könnte zu einer Tanz-, Bewegungs- und Bildungsfläche werden, u.a. in dem man den Fußboden tanzbar umgestaltet. Vorausgesetzt, dass das möglich ist, weil das Refo-Areal am Rand des QM-Gebietes liegt.
In Gruppe B ging es angesichts der vielen Familien mit Kindern im QM-Gebiet vor allem darum, generationsübergreifende Begegnungsorte zu schaffen, kulturelle Angebote zu stärken und die Lebendigkeit z.B. durch kleine Projekte im Kiez zu fördern. Der Huttenkiez sollte zu einem „kleinen Paris“ werden, wurde artikuliert. Dazu sollten die Einrichtungen außerhalb der Huttenstraße besser vernetzt werden.
Ein Teilnehmer, der sich in der Waldstraßen-Initiative engagiert, berichtete von einer Aktion am Uferweg in der Kaiserin-Augusta-Allee, bei der gemeinsam kleinteiliger Müll aufgesammelt wird. Das nächste Mal wird am Sonntag, 25. April 2021, in der Emdener Straße von 16 bis 18 Uhr Müll gesammelt. Greifhilfen werden dazu über ein Pfand gestellt, Müllsäcke gibt’s gratis. Die Greifhilfen wurden von der Moabiter Stadtteilkasse über einen Förderantrag bewilligt. Anregt wurde in der Kaiserin-Augusta-Allee das Anbringen einer weiteren QM-Schautafel, die über das Quartiersmanagement sowie über Mitmach-, Vernetzungs- und Fördermöglichkeiten informiert.
Im Raum der Gruppe C wurde neben den vielen Baustellen in Moabit vor allem der Erhalt des Skaterplatzes auf dem Areal am Neuen Ufer diskutiert, dessen Nutzung wegen der Erweiterung der Schule die nächsten Jahre nicht möglich ist. Durch mögliche Projektideen sollten Beteiligungsmöglichkeiten weiter verbessert werden und besser beworben werden, z.B. auch durch gedruckte Infoblätter und nicht nur digital. Gewünscht wurden Projekte, die die Straße als Bewegungsort wieder entdecken und auch, dass Spielstraßen eingerichtet werden.
Gruppe D artikulierte den Wunsch nach mehr Grünflächen sowie danach, öffentliche Plätze zu sozialen Treffpunkten zu machen und die Durchmischung und Vielfalt, besonders für Kinder, zu sichern. Es bestehe Angst vor Verdrängung und Wohnraumknappheit. Die Gruppe wünschte sich generell mehr dauerhafte Projekte. Konkret gab es Ideen wie die Bepflanzung von Baumscheiben, temporäre Spielstraßen, Industrieflächen und Parkplätze wie die von Siemens und Aldi umzunutzen sowie ein Unternehmensnetzwerk.
Gruppe E lobte die Außenangebote im Stadtschloss, die schön gestaltete Waldstraße und dass es im Kiez ruhiger geworden sei. Kritisiert wurden vor allem fehlende Fahrradwege sowie mangelnde Sitzbänke und Verweilorte, besonders im Huttenkiez. Außerdem wird zu viel Müll auf den Straßen abgeladen.
Im Gruppe F ging es vor allem um Kinder und Jugendliche. Das ZK/U bzw. der Stadtgarten sind sehr beliebte Orte, und besonders viele Jugendliche sind dort aktiv. Auch der Basketballplatz am Jugendklub Schlupfwinkel wird gut genutzt, doch ist die Zugänglichkeit des Areals schwierig. Ähnlich wie von Gruppe C wurde der Abriss des Skaterplatzes am Neuen Ufer moniert, für den dringend ein Ersatz gebraucht wird. Außerdem ging es um die Bedrohung für vorhandene Begegnungsorte und Freiräume. Hinterhöfe z.B. sind in Gefahr durch die zunehmende bauliche Verdichtung. Den großen Betriebsparkplatz von Siemens in der Berlichingenstraße umzunutzen, wäre wünschenswert, doch kommt man aktuell da nicht ran, auch wenn Siemens generell wohl offen für etwas Grünes in diesem Bereich ist. Beklagt wurde die Situation am Jugendhaus B8 nach der Schließung am Abend. Dort treffen sich vermehrt die Jugendlichen, und am Morgen danach gebe es immer viel Müll. Ähnlich sei die Situation auch rund um das Stadtschloss. Kindern fehlt besonders zu Corona-Zeiten Bewegung. Noch leer stehende Spielplätze sollten daher mehr gepflegt werden. Und ganz konkret: der Spielplatz neben dem B8 sollte u.a. wegen des dortigen Drogenhandels sicherer gemacht werden, z.B. durch eine Lichtanlage bzw. Beleuchtung nachts. Auch die verstärkte Unterstützung bei Hausaufgaben- und Nachhilfe wäre gut.
Nach einer Pause und ging es in die nächste Phase der Kiezwerkstatt. Unter dem Motto "Idee zur Idee…“ wurden fünf Gruppen gebildet, um sich zu konkreten Themen auszutauschen. Welche Ideen sind zum Dranbleiben geeignet? Woraus kann man ein Projekt entwickeln? Die Anregungen und Ideen wurden im Anschluss von einem oder mehreren Gruppenmitgliedern vorgetragen. Zudem konnte man die wichtigsten Punkte auf der entsprechenden Tafel des Miroboards mitverfolgen bzw. nachlesen.
A Nachbarschaft grüner gestalten
Alle großen Parkplätze werden zu Parks bzw. begrünt, so ein Wunsch. Baumscheiben werden bepflanzt, der Pflegezustand des Durchgangs bei B8 wird mehr gereinigt und besser gestaltet, schöne Sitzgelegenheiten/Bänke im Grünen, u.a. durch Sponsorenakquise (auch temporäre Sitzmöbel basteln, bevor man feste installiert) und Zisternen werden eingerichtet, die Fläche vor dem Restaurant Tonis und dem Altenheim in der Huttenstraße wird aufgewertet.
Außerdem wurde für Ehrenamtliche, die sich in diesen Bereichen der Verschönerung des Wohnumfelds engagieren wollen, eine bezirkliche Koordinationsstelle angeregt, um sie zu bündeln und zu stärken. Ein Ehrenamtsbüro mit Fokus in der Alten- und Nachbarschaftshilfe gibt es bereits, und auch die Freiwilligenagentur Mitte - Kontakte:
https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-soziales/ehrenamtsbuero/
https://freiwilligenagentur-mitte.de/
B Skaterplatz Neues Ufer / Nutzung auch zum Radfahren ermöglichen
Ein gleichwertiger Ersatz für den abgerissenen Skaterplatz Neues Ufer stand im Mittelpunkt der Diskussionen dieser Gruppe, denn bis wieder ein Skaterplatz am gleichen Ort entsteht, dauert es zwischen 5 und 8 Jahre. Der Bedarf ist sehr groß. Vorher sollte u.a. geklärt werden, was aus dem Plan eines Skaterplatzes auf der Mierendorffinsel wird. Damit auf einer geeigneten Fläche auch ein guter neuer Platz in Moabit entsteht, sollte neben der Fachexpertise des Bauamtes auch ein erfahrener Skaterklubs in die Planungen involviert werden. Temporärer Ersatz könnte auch eine temporäre Spielstraße sein.
C Bewegung in geeigneten Innenräumen
Während es kleinere Räume für Bewegungsangebote u.a. im Stadtschloss gibt, fehlen größere Räume für solche Aktivitäten, wie z.B. Tanzen. Daher bietet der Refo-Konvent seinen großen Kirchenraum zur Nutzung an. Er könnte viel stärker als bisher zu einem Kiezort werden. Doch muss geklärt werden, ob eine Förderung einer Umgestaltung dieses Raumes (geeigneter Fußboden) möglich ist, weil Refo außerhalb des neuen QM-Gebietes liegt. Geht diese Ertüchtigung über die QM-Förderkulisse?
Eine zusätzliche Idee: Die Gründung einer Musicalgruppe für Kinder und Jugendliche, und für diese bräuchte man einen niedrigschwellig zugänglichen Ort.
D Spielstraße
Gewünscht wird eine temporäre Spielstraße mit Durchfahrtverbot für Autos, die zu regelmäßig wiederkehrenden Terminen divers genutzt werden kann und u.a. auch als Skater(ersatz)angebot dient. Um diese Pläne umzusetzen und zu erfahren, welche Nutzungsmöglichkeiten sich alle Altersgruppen konkret wünschen, sollte man ein Beteiligungsverfahren initiieren. Man braucht z.B. Freiwillige, die die Straße absperren. Mögliche Orte für die Spielstraße wären Neues Ufer und Ufnaustraße. Bestehende Spielstraßen wie die Rostocker und die Wittstocker Straße sollten aktiver als solche genutzt werden sowie lokale Einrichtungen für die Idee gewonnen werden. Gegenwind zu dieser Anregung ist wegen der Parkplätze zu erwarten, die dann wegfallen werden, das birgt Konflikte.
E: Verbindung des alten und neuen QM-Gebiets über kulturelle Begegnungen
Wie kann man Verbindungen schaffen, wie lassen sich fokussiert kulturelle Veranstaltungen in Beussel- und Huttenkiez organisieren, um beide Kieze lebendiger und bekannter zu machen - und das mithilfe von vorhandenen Netzwerken?
Einen wohnortnahen Begegnungsort bzw. einen Nachbarschaftsladen schaffen und dann an die Akteure herantreten, dann kann man auf etwas als stabile Basis/bleibende Struktur bauen. Dazu sollte man prüfen, ob es im Kiez landeseigene Immobilien gibt. Diese Unternehmen könnte man fragen, ob Zwischennutzungen möglich sind. - Hinweis dazu: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksamt/ephraim-gothe/ (Landesvermögen Mitte)
Übergangs- oder Mikroprojekte wie z.B. ein Kaffeefahrrad oder räumliche Zwischennutzungen sind schneller realisierbar, um einen Ort erst einmal zu bespielen und einen Bedarf dort zu belegen, ohne gleich viel Geld zu investieren.
Weitere Ideen dazu: Könnte der Huttenkiez am Kunstfestival Ortstermin andocken? Eine TXL-Abschiedsparty, z.B. als Rollkoffer-Rallye durch die beiden Kieze…
Wie geht’s weiter?
Alle Ideen und Anregungen der Kiezwerkstatt finden Sie in der Dokumentation mit den Tafeln der einzelnen Gruppen, auf denen alles digital angepinnt wurde.
Melden Sie sich beim QM-Team gern bei Bedarf, wenn noch neue Ideen auftauchen oder wenn Sie zu den bestehenden Überlegungen weitere Gedanken ergänzen möchten, was in die zukünftigen Projekte einfließen sollte. Am 1. Juni 2021 findet um 18.30 Uhr eine öffentliche QR-Sitzung statt, bei der vieles konkretisiert wird. Sie sind dazu herzlich eingeladen.
Wer macht mit im Quartiersrat und in der Aktionsfondsjury?
Wer aus dem Huttenkiez und aus dem Beusselkiez möchte sich zur nächsten Wahl für den Quartiersrat oder die Aktionsfondsjuryaufstellen lassen? Informationen zur Neuwahl beider Gremien, die vom 30. August bis 2. September 2021 stattfinden wird, gibt es demnächst auf unserer Webseite unter https://www.moabitwest.de/beusselkiez-huttenkiez-in-moabit/aktuelles
Zur Dokumentation dieser Kiezwerkstatt als pdf kommen Sie hier
Text & Fotos © Gerald Backhaus